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Erstellt am 05.02.2020

Der diskrete Charme der ÖBAG-Beiräte

von Reinhard Göweil

„Bei der ÖBAG ist ein Beteiligungskomitee als Beirat einzurichten… Sämtliche Maßnahmen (Anteilserwerbe, Kredite, Garantien, sonstige Finanzierungen) bedürfen der vorherigen Zustimmung des Beteiligungskomitees.“ So steht es im Paragraph 7 des ÖBAG-Gesetzes. Das Gremium ist nun eingerichtet, es besteht aus folgenden Personen:

Kari Jarvinen, Ex-CEO des finnischen „Staatsfonds“ Solidium,

Paal Raum, norwegischer Equity-Manager mit Schwerpunkt emerging markets (Asien, Afrika) und guten Kontakten zum norwegischen Staatsfonds Norges.

Stefan Hamm, Vorstand von Tyrol Equity, der Beteiligungsgesellschaft von Swarovski.

Klemens Breuer, Ex-Risikovorstand der RBI, derzeit Chef des deutschen Bankhaus Lampe (gehört Oetker und wird offenbar im Frühjahr 2020 an Chinesen verkauft).

Michael Mendel, Ex-Unicredit Bank Austria-Vorstand, zuletzt in verantwortlichen Positionen bei der Abwicklungsgesellschaften der heimischen Volksbanken AG und Hypo-Alpe-Adria (Immigon, Heta).

Beirat – kein Vorsitzender, sondern Projektverantwortliche

Vorsitzenden gibt es in diesem Gremium nicht, koordiniert wird es von Thomas Schmid, Allein-Vorstand der heimischen Staatsholding ÖBAG. Aktienrechtlich ist das interessant, weil der Aufsichtsrat der ÖBAG erst danach eingeschaltet, und davor nicht einmal von Projekten informiert wird.

Dieser Aufsichtsrat wird aber auch auf Eigentümerseite, sprich Republik, eingeengt. Wenn die ÖBAG bei Unternehmen bzw. Zukäufen die Schwellen 25,50 und 75 Prozent überschreitet, ist eine Zustimmung der Bundesregierung vonnöten.

Dass sich der Finanzminister im Gesetz ein direktes Mitspracherecht an der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gesichert hat, verbreitert die Möglichkeiten des Aufsichtsrates nicht gerade.

Wollen Grüne in den ÖBAG-Aufsichtsrat?

Das sei Absicht, so Insider aus dem Finanzministerium. Der Aufsichtsrat wird politisch bestimmt, die ÖBAG sichere mit dem Beirat, dass es keine politisch motivierten Investitionsentscheidungen gibt. Das Beispiel Casinos Austria, an dem die ÖBAG 33,24 Prozent hält, dürfe sich nicht mehr wiederholen – so die Absicht.

Der Beirat ist also ein klassischer „advisory board“, wie er in private-equity-Fonds oft zu finden ist.

Sinn und Zweck ist es, den Wirtschaftstandort zu unterstützen, indem strategische Unternehmen nicht ins Ausland abwandern. Die ÖBAG wird sich – so ist es vereinbart – nicht in Tourismus, Bau und Einzelhandel engagieren. Der Fokus liegt auf Industrie, Technologie, forschungsintensive Unternehmen.

Der ÖBAG-Beirat hat also etwa 100 Unternehmen in Österreich definiert, in dem bei Bedarf Anteile erworben würden. „Es geht da um Unternehmen, die als Übernahmekandidaten gelten, weil es keinen bestimmenden Aktionär gibt oder Probleme in der Nachfolge hat. Die Liste der 100 Unternehmen wird „top secret“ behandelt, sie werden permanent vom Beirat geprüft, ob sich etwas verändert hat.

Für die ÖVP, die sich in der Vergangenheit die Privatisierung auf ihre Fahnen heftete, stellte dies eine Patenthalse dar. Wolfgang Schüssel prägte „weniger Staat, mehr privat“. Nun hat die früher als ÖIAG firmierende ÖBAG den klaren Auftrag, bestehende Beteiligungen zu verwalten und neue zu erwerben.

„Die Beteiligungen der ÖBAG stehen grundsätzlich nicht zur Privatisierung an. Der entsprechende Verweis wurde daher gestrichen. Künftige Privatisierungsvorhaben bedürfen weiterhin stets eines Beschlusses der Bundesregierung.“ So steht es in den Erläuterungen zum ÖBAG-Gesetz.

Der neue Koalitionspartner der ÖVP, die Grünen, werden damit gut leben können. Allerdings wird in Regierungskreisen erwartet, dass die Grünen einen Vertreter in die ÖBAG-Gremien entsenden. Der Aufsichtsrat besteht aus neun Mitgliedern, die sind eigentlich bestellt. Es müsste also ein Aufsichtsrat auf seine Funktion verzichten, um Platz zu schaffen. Die FPÖ sandte damals als Regierungspartei den oberösterreichischen Unternehmer Karl Ochsner ins Gremium, ein Freund von H.-C. Strache.

Oder die Grünen nominieren einen Investmentbanker in den zahlenmäßig flexibleren Beirat – etwa Experten, die auf nachhaltige Investments setzen.

Screening umfasst 100 Unternehmen

Dieser Beirat entscheidet über Investitionen mehrheitlich. Bisher wurden aber alle Projekte einstimmig behandelt – und abgelehnt. Sie erblickten niemals das Licht des Aufsichtsrates. Worum es sich dabei handelt, wird naturgemäß überaus diskret behandelt.

Schwerpunkt Energie – Klimastrategie

Ein zweiter wesentlicher Schwerpunkt der ÖBAG wird in Zukunft auf dem Bereich Energie liegen. Vom 23-Milliarden-Portfoliowert der ÖBAG entfallen mit 8,7 Milliarden Euro fast 40 Prozent auf die Beteiligungen auf OMV (Öl, Gas, Petrochemie) und Verbundgesellschaft (Elektrizität).

Da Infrastruktur zum Investitionsschwerpunkt der ÖBAG zählt, ist es hier vorgesehen, dass die ÖBAG neue Beteiligungen im (nachhaltigen) Energiebereich erwirbt.

Gleichzeitig beschäftigt sich die ÖBAG intensiv mit dem Thema CO2-Bepreisung, die von türkis-grüner Regierung ab 2022 vorgesehen ist. Die ÖBAG berät hier die Regierung, und versucht innerhalb des Beteiligungs-Universums eine einheitliche Linie zu finden. Die OMV hat damit wenig Freude, die Wasserkraft-getriebene Verbundgesellschaft dagegen sehr wohl.

Beide börsenotierten Gesellschaften haben bereits ein Kooperationsabkommen geschlossen, um nachhaltige und CO2-reduzierende Energieproduktionen gemeinsam zu entwickeln. Wasserstoff etwa ist ein Thema, weil dabei das chemische know-how der OMV bestens genutzt werden könnte.

Sollten also Energieversorger, die derzeit im Besitz von Bundesländern oder Gemeinden sind, zum Verkauf stehen, wird wohl der ÖBAG-Beirat tätig…