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Erstellt am 19.03.2020

Ein Virus läutet die Stunde der staatlichen ÖBAG ein

von Reinhard Göweil

Beginnen wir aus der Vogelperspektive. Die Konjunkturprognosen zeigen stark nach Süden, die Aktienkurse sind seit dem Jahreshoch im Februar 2020 um etwa 30 Prozent eingebrochen, der heimische ATX gar um fast 50 Prozent. Die beiden Energie-Aktien OMV und Verbundgesellschaft haben ihren Beteiligungswert für die ÖBAG von 9,4 Milliarden auf unter fünf Milliarden halbiert.

Der Vorteil der ÖBAG: Sie gehört zu 100 Prozent der Republik Österreich, und kann damit – im Gegensatz zu privaten Holdings – jederzeit Geld aufnehmen.

Sollte die Corona-Situation tatsächlich länger andauern, und damit die Nachfrage ausbleiben sowie Industrieproduktionen wegen Quarantäne stillstehen, wird es – um mit Bundeskanzler Kurz zu sprechen – gewaltige Probleme geben.

Bleiben wir beim Beispiel ams: Das steirische Technologieunternehmen, das Halbleiter und Sensoren herstellt, notiert an der Börse in Zürich. Es hat nach einer erbitterten Übernahmeschlacht den deutschen Lichttechnik-Produzenten Osram gekauft, um 4,6 Milliarden Euro.

Das Ganze soll finanziert werden über eine Kapitalerhöhung der ams, als deren Kurs bei 25 Euro stand. In diesen Tagen sollen 190 Millionen Aktien verkauft werden, um ein Bankdarlehen mit Eigenkapital zu unterfüttern.

In Börsekreisen sind nun Zweifel aufgetaucht, ob dies möglich ist. Die Börse bewertet ams derzeit mit 760 Millionen Euro, an die 90 Prozent befinden sich in Streubesitz.

Nach allen Parametern des Investmentbankings ist ams daher ein Übernahmekandidat. Aber will Österreich dieses – aus der ehemals verstaatlichten Voest hervorgegangenes – Unternehmen tatsächlich verlieren bzw. deren Arbeitsplätze durch Abwanderung verlieren? Diese Diskussion hat noch nicht begonnen.

Hier könnte die Stunde der ÖBAG schlagen. Finanzminister Gernot Blümel hat jüngst „Not-Verstaatlichungen“ im Zuge der Corona-Krise nicht ausgeschlossen, die ÖVP hatte dazu schon exakt gegensätzliche Ansichten.

Ob nun „ams“ oder ein anderes Industrie-Unternehmen, das zwar gesund ist, aber durch die Krise in Turbulenzen gerät, könnte bzw. sollte auf dem Radarschirm der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG auftauchen. Deren Kapitalaufbringung würde zwar die Schulden der Republik erhöhen, aber es würden auch industrielle Vermögenswerte abgesichert.

Als dauerhafter Mehrheitseigentümer ist der Staat im Wettbewerbs-Sektor ungeeignet

Noch besser wäre es, wenn auch gleich eine „Exit-Strategie“ mitgedacht werden würde von der ÖBAG. Als Minderheitsaktionär inklusive Börsenotierung kann die ÖBAG stablisierend wirken. Als Mehrheitseigentümer ist der Staat in Wettbewerbs-Unternehmen definitiv ungeeignet. Quod erat demonstrandum.